Durch die Wüste

Angekommen auf der östlichen Seite des Kaspischen Meers, liegt eine 1500 km lange Strecke durch die Wüsten Kysylkum und Karakum vor uns. Das hört sich erstmal ein wenig eintönig an und wir hatten auch schon einige Berichte über diese angeblich sehr schwierige Strecke gehört. Langweilig ist uns allerdings nicht geworden.
Als wir Mitten in der Nacht aus unserer Koje geworfen wurden, um die Fähre zu verlassen, war es noch stockdunkel und wir waren froh, dass wir in dem nagelneuen Hafengebäude unsere Matten ausbreiten und noch ein wenig schlafen durften. Als wir dann endlich das Hafengelände verlassen konnten, wurde uns schnell klar, dass weit und breit nichts ausser Wüste war. Zum Glück gab es eine versteckte Cafeteria für die Hafenarbeiter, wo wir uns bei einem ausgiebigen Frühstück mit dem kasachischen Essen vertraut machen konnten. Es gab Nescafe, Spiegeleier und eine Art Langos mit Kartoffelfüllung. Erstaunt waren wir, dass es gar kein Problem war, in Dollar zu bezahlen, da es an beiden Häfen nicht möglich war, Geld zu tauschen.
Von der Wüste wurden wir dann erstmal sehr liebenswürdig begrüßst. Es war nicht zu heiß, wenig windig, alle 20 km kam ein überdachter Picknickplatz mit Toilette und überall konnten wir Kamele und Pferdehorden beobachten. Nach nur 80 km erreichten wir auch schon die erste Stadt auf unsere Route. Aqtau ist eine künstliche Stadt, die erst in den 60er Jahren auf Grund von Uranvorkommen gegründet wurde. Das gesamte Wasser, das in der Stadt benötigt wird, stammt aus dem Kaspischen Meer und wird mit der Energie aus dem Atomkraftwerk entsalzen. Trotz der komischen Stadtstruktur verbringen wir zwei wundervolle Tage mit Dina, ihrem Bruder Rassul und ihrem Mann Marat. Die Drei waren so lustig und fürsorglich, dass wir uns sofort wie zu Hause gefühlt haben.
Gut erholt und mit Proviant für drei Tage ausgestattet schwangen wir uns wieder auf die Räder und brausten Richtung Usbekistan. Die Landschaft war erstaunlich abwechslungsreich und hügelig. Aber schon der Tag darauf ließ uns verstehen, warum so viele Leute von der angeblich so schwierigen Strecke berichtet hatten. Der Gegenwind war so stark, dass Lio meinte, “Für 5km/h steig ich nicht aufs Rad” und wir uns zum Trampen entschlossen. Der Wind sollte uns aber auch die folgenden Tage weiter begleiten und wir mussten uns damit abfinden, langsamer als geplant voran zu kommen. Nur bei einem Gewitter mussten wir uns nochmals in einen LKW setzen. Ansonsten kamen uns fast täglich andere Radler entgegen und wir konnten immer wieder zu einem kleinen Schwatz Pause machen.
Auf etwa der Hälfte der Strecke erreichten wir die fruchtbare Gegend um die Stadt Nukus herum. Hier wurden Bewässerungskanäle aus dem Fluss Amudarja abgeleitet, um den Baumwoll- und Gemüseanbau zu ermöglichen. Früher speiste der Fluss den Aralsee, heute verschwindet er aber vorher schon in der Wüste. Ob dies am starken Eingriff der Agrarwirtschaft liegt oder geologische Gründe hat, wird von usbekischen und russischen WissenschaftlerInnen auf der einen Seite und westlichen auf der anderen Seite unterschiedlich beurteilt. Obwohl Nukus wieder eine sehr junge und künstliche Stadt ist, die wirklich keinen Charme hat, bleiben wir hier eine Nacht, um das Sawitzki-Karakalpakstan Museum anzuschauen. Der ukrainische Künstler Sawitzki hat dieses Museum 1966 gegründet und mit viel Energie Werke aus der ganzen Sowietunion gesammelt. Da Nukus weit entfernt jeglicher Politbüros lag, konnten hier auch in Moskau unerwünschte Künstler ausstellen. Deswegen findet sich die größte Sammlung avantgardistischer Sowjetkunst nicht in St. Petersburg oder Moskau sondern in Nukus.
Die nächste Station ist Xiva, eine ehemalige Oase auf der Seidenstrasse. Die komplette Altstadt wirkt wie ein Museum, auch wenn dort weiterhin Menschen leben. Da unser Visum nur 30 Tage gültig ist, wollen wir mit dem Zug nach Buchara fahren, um das letzte Wüstenstück abzukürzen. Der Zug ist ausgebucht und wir fahren mit dem Bus. Auch Buchara war eine Oase an der Seidenstrasse, die Stadt ist aber viel belebter und hat eine ganz andere Stimmung. Dank dem Tip andere Reisender, können wir in einer alten Karawanserei couchsurfen.

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